Es kann nicht schaden, sich im Ausland in Geduld zu üben. Egal, ob im Straßenverkehr oder im Mittelmeer. Zum Beispiel letzte Woche in Israel ...

AmpelMein Sohn bemerkte einmal: „Wenn Mama eine Ampel wär’, dann ...“
Er musste den Satz nicht zu Ende sprechen, die Familie lachte schon. Er spielte darauf an, dass ich nicht wüsste, „was Geduld ist“.
Kann sein. Aber wenn ich wüsste, was Geduld ist, hätte ich bestimmt keine.
Manchmal sehe ich eben rot.

Vergangene Woche waren wir in Israel und mieteten dort ein Auto. Leider gab es keine Navigationsgeräte. Und leider kannten wir uns in Tel Aviv und Jerusalem nicht so gut aus.  Doch  wir kamen überall an: in Yad Vashem, beim Grab von Oskar Schindler, beim jüdisch-orthodoxen Fest, in der Mall, im Kibbuz. Meine Tochter war mit ihrer Ruhe und Geduld der perfekte Navigator.
Eines Morgens war im Parkhaus unser Auto nicht mehr da. Plötzlich stand in roter Warnschrift etwas auf Hebräisch, was vorher auf dem Stellplatz nicht stand. Ich dachte an "teuer" und an "schmerzhaft", aber auch an "Geduld".
Tatsächlich klärte sich alles. Es war nicht unsere Parkebene, es war nicht mal unser Auto.

Ich wurde allmählich lockerer, auch in den Staus: spontane Kurzzeitparker, genügsames Ausladen eines Autos, ein Schwätzchen auf der Straße so mitten in der Rush Hour. Das war das Gegenteil von reibungslos, wir waren nicht immer pünktlich – aber wer wollte sich schon aufregen? Ich nicht!
Andere Länder, andere Sitten: Es kann nicht schaden, sich im Ausland in Geduld zu üben. Ich wurde  mit der Zeit geradezu zahm. Meine innere Ampel stand auf lindgrün.

Den letzten Tag entspannten wir am Wasser. In einem Strandlokal übersah uns die Kellnerin und ging erstmal im Mittelmeer baden. Nun ja, wir warteten. Die Zeit verging. Irgendwann badeten wir neben ihr und riefen ihr im Wasser unsere Bestellung zu. Sie nickte freundlich. Ich fühlte eine Dankbarkeit  wie sonst nur bei einer grünen Welle.

Nach der Landung in Berlin fehlte mein Koffer. Es war fast Mitternacht, als wir noch in der Schlange zur Gepäckermittlung standen. Ich wollte nur nach Hause.

Und schwupps, der Urlaub war vorbei und schon sprang meine Ampel auf orange.