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Man bittet immer besser um Vergebung als um Erlaubnis. Das haben meine Kinder schon sehr früh gelernt. Und das ist schlau.

 

Unser Sohn wird demnächst eine Lecture Performance veranstalten. Wir haben keine Ahnung, was uns erwartet – aber wir sind unheimlich stolz.  Er erklärte uns, er möchte dabei „industrial devices als props nutzen“. Darauf antwortete ich mit einem Satz, den gewöhnlich mein Mann zu mir sagt: „Schatz, ich weiß nicht, was in Deinem Kopf vorgeht: Aber ich bin hier draußen! Ich brauche die Untertitel. Worum geht’s?“

Raoul unterwies uns dann ausführlich. Bis in die tiefe Nacht. Wir hörten gespannt zu. Hand aufs Herz: Ich weiß nur, dass es um eine Ausstellung geht. Dass es zwölf Sessions gibt. Und, dass er eine Videoperformance macht. In einem Auto.

Es ist nicht neu, dass Eltern vor ihren Kindern kapitulieren. Am Ende seines Referats schaute Raoul jedenfalls in vier irritierte Augen. Noch Tage später haben mein Mann und ich versucht, uns gegenseitig zu erklären, was der Junge vorhat.

Gestern nacht, (ich kam gerade vom Beyoncé-Konzert;  also etwas, was man wenigstens nicht erklären  muss) kam noch eine Mail. Raoul schrieb: „Wir  sollten uns keine Umstände machen“, „… würden sicher nicht viel davon haben“,  „… können auch alles im Internet sehen“, „… müssten nicht extra zur Vernissage kommen.“
Wahrscheinlich wollte er nur rücksichtsvoll sein. Er fragte: „Was denkt ihr?“

Was wir denken? „Mein Schatz, was für eine charmante Ausladung. Aber wir kommen auf jeden Fall! Wir sind Deine Eltern! Das musst Du nicht verstehen. Es ist halt so.  Das ist unser Job. Wir lieben Dich, auch gegen Deinen Willen. 1000 Küsse.“

Postwendend, um ein Uhr, antwortete Raoul. Er kapitulierte: „Na gut, dann kommt doch her. Macht ja hier sowieso jeder, was er will. Ich vergebe euch. Seid gedrückt!“

Besser eben, man bittet nicht um Erlaubnis. Das gilt auch für Eltern!