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Ich bin jeder Zehnte. Denn jeder zehnte Deutsche hat Schlafstörungen. Es hätte schlimmer kommen können: Denn ein anderes Zehntel der Deutschen wünscht sich den Führer zurück. Ich dagegen habe nur wache Nächte – also wenigstens nichts Widerwärtiges.

 

Theorie

Ich sehe nachts viel fern. Dabei gerate ich an Sendungen mit „heißen“ Trends und „coolen“ Tipps, „exklusiven“ Berichten und „spannenden“ Rätseln, angekündigt als Infotainment  – im Folgenden kurz Gülle genannt.  Die Gülle breitet sich vor mir aus. Ja, es gibt auch Arte und 3sat (freundliche Leser wiesen mich schon darauf hin), aber auch da gibt es viele Wiederholungen. Und müde macht mich eben nur Gülle.

 

Soziologen nennen die Gülle „Affektfernsehen“. Kennzeichen der Zuschauer sei mangelnde Bildung. Ja, schlaue Menschen können aus dem Fernsehverhalten sogar  Status, Milieu und Verhalten ableiten. Ich aber mag das herablassende Eliten-Geschwätz nicht, das alles als Unterschichten-TV verschlagwortet. Denn Gülle gibt sich so viel Mühe, die Zuschauer weiterzubilden, das reinste Gehirnjogging, absolut aufschlussreich. Ich habe mal einige Nächte mitgeschrieben. Da fragte Gülle zum Beispiel:

 

Wo empfängt der Arzt seine Patienten?
A)           In der Theorie?
B)           In der Praxis?

 

Was braucht ein Boot?
A)           Kiel?
B)           München?

 

Wie heißt ein schmaler Teppich?
A)           Läufer?
B)           Springer?

 

Wie heißt die menschliche Erbinformation?
A)            DNA?
B)            DVD?

 

Wie heißt die Gewichtszunahme nach einer Diät?
A)           Jo Jo Effekt?
B)           Mau Mau Konfekt?

 

Hätten Sie’s gewusst?
Mein Mann wendet sich immer angewidert ab, wenn Gülle auch nur vorangekündigt wird. Er gönnt mir wohl gar nix. Ich finde jedenfalls, er soll nicht so  zimperlich sein und sage: „Wir müssen doch nicht so tun als seien wir zwölf Jahre auf ein Privatgymnasium in St. Gallen gegangen!“

Er antwortet: „Du musst aber auch nicht so tun, als wärst du auf gar keine Schule gegangen!“. Und dann fragt er mich: „Warum tust du dir das an?“

Ich frage ihn: „Warum nicht?“
A) Zeitvertreib?
B) Giraffe?

Daraufhin verlässt mich mein Mann.
Er  sagt, er will nur schnell ein „H“, „i“, „l“, „f“ und ein „e“ kaufen.