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Mit Fotos ist das so eine Sache. Manchmal fühlt man sich gut getroffen, manchmal nicht. Ist alles kein Problem, wenn man die Verbreitung der Fotos selbst  im Griff hat.

 

Die Sonne ging unter, mein Mann und ich saßen vorm Restaurant, wir genossen den letzten schönen Herbsttag und uns. Es war ein entspannter und vor allem langer Abend – so lang, dass wir uns sogar noch mit zwei Kellnern anfreundeten. Zum Abschied  wollte ich dann unbedingt ein Foto mit den beiden. Mein Mann zückte bereitwillig die Kamera, schaute durch und sagte: „Ich kann nichts sehen!“
Tatsächlich hatten die beiden Kellner eine noch dunklere Hautfarbe als ich. Und es war Nacht.
Ich fragte: „Ist alles schwarz?“
Mein Mann sagte: „Absolut.“
„Na das sind wir!“
„Sehr witzig.“
„Mach einfach mit Blitz.“
Dann klappte alles, und wir lachten. Es ist eines der lustigsten Fotos geworden, das ich habe.

Es gibt auch Fotos  von mir, über die lache ich nicht – das überlasse ich anderen. Die werden irgendwo entdeckt und gleich kommentiert.Weitläufig Bekannte, die so ein Foto sehen, kreuzen die Finger und posten im Netz höflich: „Wow“.
schwarz sehen

Enge Freunde – eigentlich liebe Menschen – machen das nicht. Gnadenlos schreiben sie Dinge wie: „Ärger dich nicht schwarz, hihi.“ Oder: „Wenigstens hält dich keiner für einen attraktiven Mann, haha.“  Der Gipfel aller Bemerkungen war: „Habe gerade ein Foto entdeckt. Dachte erst, das sei ein seit zwei Jahren abgelaufenes Tiramisu. Aber dann habe ich dich erkannt.“
Ich muss zugeben, ich habe mich da selbst beim Lachen erwischt. Nun, es ist doch nur ein Foto. Das ist so wahrhaftig wie Netzwerke sozial sind. Wir wissen doch alle: Wenn ein Foto kein Schnappschuss ist, ist es gestellt – und damit eine Illusion. Mit mancher kann man gut leben.
Ich lebe zum Beispiel ganz gut mit dem  Foto über meiner Kolumne in der Zeitung. Doch  die Physiotherapeutin sagt jedes Mal: „In Natur haben Sie gar nicht solche Hasenzähne.“ Deshalb habe ich heute mal auf dem Foto den Mund zu. Die Wahrheit aber ist: Mit geschlossenem Mund erlebt mich nicht mal meine Familie ...
Neulich war ich mit meinem Mann spätabends unterwegs. Ich schnatterte und schnatterte. Plötzlich rief eine Stimme ins Dunkel:
„Abini, bist Du das?“
„Ja, wer ist da?“
„Ich bin’s Danuta. Ich habe Dich nur an der Stimme erkannt.“
Erst fand ich es erstaunlich. Dann wurde mir klar: Es war stockfinster. Es war meine Stunde.

"Thommi, mach mal 'n Foto von uns beiden."
Die, auf denen man nichts erkennt, sind mir die liebsten.